Am Palmsonntag erwacht in Rabka-Zdrój ein jahrhundertealter Brauch zu farbenprächtigem Leben – voller Musik, Gemeinschaft und kunstvoller Osterpalmen, die Geschichten über Herkunft und Zusammenhalt erzählen.
Text & Fotos: Gordon Below
Z wischen schneebedeckten Berggipfeln und sanften Hügeln liegt Rabka-Zdrój – eine kleine Stadt im Herzen Europas, etwa 60 Kilometer südlich von Krakau, am Rande der Beskiden. Bekannt für ihre heilenden Solequellen und die frische Gebirgsluft, trägt sie liebevoll den Beinamen „ Stadt der Kinder der Welt“. Wer um den Palmsonntag hierherkommt, erlebt eine der lebendigsten Ausdrucksformen polnischer Volkskultur. Dann erwacht ein jahrhundertealter Brauch zu farbenprächtigem Leben: der Wettbewerb der Osterpalmen. Mit kunstvoll gebundenen, meterhohen Palmen wird der Einzug Jesu
„ Wer um den Palmsonntag nach Rabka-Zdrój reist, erlebt eine der lebendigsten Ausdrucksformen polnischer Volkskultur.“
Gordon Below, Profi-Fotograf und Fototrainer
www. derfotograf. net in Jerusalem gefeiert – eine Tradition, die nicht nur gläubige Herzen berührt, sondern die ganze Stadt in ein buntes, festliches Gewand taucht.
Ich durfte in diesem Jahr eine ganz besondere Perspektive einnehmen – nicht nur als Beobachter, sondern als stiller Begleiter einer Ortsgruppe, die seit Wochen an ihrer traditionellen Osterpalme arbeitete.
In einem kleinen, warmen Raum voller Lachen, duftendem Grün und konzentriertem Werkeln entstand Schritt für Schritt ein Kunstwerk aus Naturmaterialien und kunstvoll gestalteten Blumen aus Krepp.
Die Frauen und Kinder erklärten mir dabei, wie sie die Wickeltechnik der Blumen von ihren Eltern und Großmüttern lernten. Inmitten dieser Mischung aus Werkstatt, Musik und Tanz wurde mir klar: Hier geht es um mehr als nur einen Wettbewerb – es geht um das Bewahren der eigenen Identität und das Miteinander der Generationen.
Am Samstag vor Palmsonntag beginnt dann der wohl eindrucksvollste Teil: Generationen treffen sich, um den bis zu 15 Meter langen Stamm für die Prozession vorzubereiten. Blumen, die in stundenlanger Handarbeit gefertigt wurden, werden nach einem überlieferten Muster befestigt. Schicht für Schicht entsteht ein farbenfrohes Band, das sich den Stamm hinaufschlängelt. Zwischen Zweigen, Stroh und Reisig wird nicht nur geschmückt, sondern auch stabilisiert – denn dieser mächtige Palmwedel wird am nächsten Tag feierlich auf den Schultern der Männer zur Kirche getragen. Es ist ein Moment, in dem Stolz und Tradition gleichermaßen spürbar werden.
Den letzten Kilometer wird der Wedel, von Musik begleitet, auf den Schultern getragen, bevor die feierliche Messe in der neugotischen Kirche St. Maria Magdalena beginnt und die Osterpalmen gesegnet werden.
Am Palmsonntag selbst startet eine kleine Gruppe, um den Wedel mit einem Trecker in die Stadt zu bringen. Den letzten Kilometer wird er dann, von Musik begleitet, auf den Schultern getragen, bevor alles mit einer feierlichen Messe in der neugotischen Kirche St. Maria Magdalena beginnt. Die Palmen – teils mannshoch, manche über 15 Meter lang – werden gesegnet, bevor sich eine feierliche Prozession zur Holzkirche aus dem 17. Jahrhundert in Bewegung setzt, dem Sitz des Władysław-Orkan-Museums. Dort wartet die Jury – aber auch das Publikum, das staunend den Farbenrausch bewundert.
Der Palmsonntagswettbewerb von Rabka-Zdrój ist einer der ältesten seiner Art in Polen – und mit rund 100 Teilnehmern auch einer der lebendigsten. Er vereint Generationen, erzählt Geschichten und lässt eine Region sprechen, die stolz auf ihre Wurzeln ist.
Rabka-Zdrój selbst ist das ganze Jahr über eine Reise wert – aber wer im Frühling kommt, wird Zeuge eines gelebten Kulturerbes, das Herz und Auge gleichermaßen berührt.