The Voyager 04.09.2025 | Page 23

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MEIN REISETAGEBUCH

„ Meine erste Solo-Reise hat mich in meine Herzensstadt geführt. Ich habe mich noch nie so frei gefühlt wie in Dublin.“

Julia Carp, Redakteurin

E s sollte der langersehnte Urlaub mit meiner besten Freundin Andrea werden. Ein Jahr zuvor zog sie in eine andere Stadt, weshalb wir uns nur noch selten sahen. Die Vorfreude war riesig. Sie kümmerte sich um die Flugtickets, ich mich um das AirBnB. Genauso positiv gestimmt, wie ich war leider auch Andreas positiver Coronatest und die 39 Grad Fieber, von denen sie mir einen Tag vor Abflug berichtete.

Sollte ich nun allein fliegen? Ich war doch noch nie allein verreist... Was macht man allein in einem fremden Land? Die Verunsicherung und Enttäuschung meinerseits war natürlich zunächst groß. Schlussendlich habe ich aber all meinen Mut in mein Handgepäck gestopft und meine erste große Solo-Reise angetreten – zum Glück!

In Dublin gelandet, nahm ich den Bus zur Unterkunft. Ich nächtigte in einem AirBnB bei einer lieben älteren Frau und ihren Hunden. Kaum angekommen, informierte ich mich bereits ein bisschen über die Möglichkeiten der Stadt und wie ich auch allein möglichst viel in der Woche erleben könnte. Eine meiner besten Ideen war es, mir ein Ticket für den „ Hop-on-hop-off“-Bus zu holen. Das Ticket war vier Tage gültig und ich konnte den Bus so viel nutzen, wie ich wollte. Natürlich sind solche Angebote sehr touristisch, aber für mich bot sich dadurch die perfekte Gelegenheit, um die Stadt einmal kennenzulernen und mir bei jeder Runde Notizen zu machen, an welchen Stellen ich gerne „ offhoppen“ möchte.

� Der „ Hop-onhop-off“ Bus wurde zu meinem besten Freund. Nach zwei Tagen konnte ich die Ansagen fast schon mitsprechen.

� In der National Gallery of Ireland habe ich mich stundenlang aufgehalten.

Während meiner Zeit in Dublin habe ich gelernt, wie schön es sein kann, wenn man seinen Urlaub nach niemandem außer sich selbst ausrichten muss. Natürlich hätte ich einige Erlebnisse gerne mit jemandem geteilt, aber den ganzen Tag in diversen Museen, die dazu auch noch kostenlos sind, meine Zeit zu verbringen, macht sicherlich auch nicht jede Reisebegleitung mit. Die National Gallery of Ireland sowie das National Museum of Ireland haben mich sehr fasziniert. Als ich dann auch noch in der City Gallery das erste Mal ein Monet-Gemälde gesehen habe, war es um mich geschehen und Irland hatte mein Herz gewonnen.

In den übrigen Tagen besuchte ich das Trinity College, lernte die vielen kleinen Gassen voller Regenbogenfahnen kennen und ließ mir spontan gegenüber der Temple Bar ein Tattoo stechen.

Zum absoluten Highlight meiner Reise gehörte auf jeden Fall mein Besuch der Halbinsel Howth. Durch eine Online-Recherche hatte ich von einem geheimen, kleinen Strand an der Küste gehört, den ich entdecken wollte. Mit Proviant, Kombucha und einem Buch im Rucksack machte ich mich auf den Weg. Im Hafenbecken von Howth planschten Seerobben und Möwen flogen mir um den Kopf. Der Himmel war blau und meine Laune gut.

Angekommen an den Klippen des Ortes staunte ich nicht schlecht über das wunderschöne Panorama der irischen Küste. Abgesehen

� Der kleine Geheimstrand an der Küste von Howth von oben. von drei weiteren Wanderinnen, war weit und breit keine Menschenseele zu sehen oder zu hören. Zum Mini-Strand führte ein kleiner, zugegebenermaßen nicht ganz ungefährlicher, Trampelpfad. Die Strapazen hatten sich aber vollkommen gelohnt. Ich verbrachte den ganzen Tag an meinem kleinen Ort der Ruhe, ohne Handynetz oder Stadtgeräusche. Ich glaube, dass ich noch nie so glücklich war, wie an diesem Ort. Spätestens ab diesem Moment wusste ich, dass ich nicht zum letzten Mal hier stehen würde. Ich freue mich sehr darauf, irgendwann mit einem lieben Menschen nach Dublin und an die Küste von Howth zurückzukehren.

5 Dinge, die ich gelernt habe

1

Du kannst alles schaffen! Es klingt klischeehaft, aber erst durch meine Solo-Reise nach Dublin habe ich so richtig verstanden, was ich alles schaffen kann, wenn ich es nur will.

2

Nimm dir Zeit! Es ist vollkommen in Ordnung, dass man sich an neuen Orten erstmal zurecht- finden muss. Dafür darf der Touri-Bus auch gern zehnmal gefahren werden.

3

Allein, aber nicht einsam Allein kam ich immer wieder mit verschiedenen Menschen ins Gespräch und tauschte mich aus, oder fragte nach dem Weg. Das hat mich wirklich bereichert.

4

Nicht zu viel planen! Ich bin ein Mensch, der gerne für alles einen genauen Plan hat. Dublin hat mich gelehrt, mich auch mal von meiner Neugierde treiben zu lassen.

5

JOMO Oft möchte man im Urlaub möglichst viel „ abhaken“. Durch meine Zeit in Dublin habe ich „ Joy of Missing Out“ gelernt. Weniger sehen, dafür mehr genießen.