Ulla Lohmann ist eine international renommierte Fotografin , die für GEO in aktive Vulkane klettert , sich für National Geographic durch den Dschungel von Papua-Neuguinea schlägt und in zahlreichen TV-Dokumentationen das Publikum an entfernte Orte entführt . Wir haben mit ihr gesprochen .
Interview : Anja Bethge , Fotos : Ulla Lohmann
Ulla , was beschäftigt dich im Moment , an welchen Projekten arbeitest du gerade ? Ich komme gerade von einer dreimonatigen Reise aus der Südsee , wo ich für die Umweltstiftung „ Fondation Yves Rocher “ und das französische Magazin Figaro ein Projekt über Biodiversität in Papua- Neuguinea fotografieren durfte . Nächste Woche bin ich schon wieder auf Sizilien unterwegs . Letztes Jahr habe ich ein neues Buch veröffentlicht . „ Vulkanmenschen “ porträtiert nicht nur das feurig-schöne Spektakel der Vulkane , son-
ZUR PERSON
Ulla Lohmann ist ist Expeditionsfotografin und -filmerin und hat sich auf Vulkane spezialisiert . Heute arbeitet sie u . a . für National Geographic , GEO , ARD , ZDF , hält zahlreiche Vorträge über ihre Arbeit und veranstaltet Fotoreisen und Workshops .
� @ ullalohmann
� ullalohmann . com
dern vor allem die Menschen , die im Einklang mit den Naturgewalten leben . Der Bildband wurde gerade auf der ITB in Berlin mit einem Preis ausgezeichnet .
Würdest du dich als „ Vulkanjunkie “ beschreiben ? Ja , schon ! Eine Weile geht ’ s ohne , aber alle paar Monate brauch ich wieder aufs Neue , ein paar Wochen lang , meinen Schwefelkick . : -)
Du hast im Alter von 18 Jahren bei „ Jugend forscht “ teilgenommen und dadurch indirekt zum Journalismus gefunden . Wie ist es dazu gekommen und wie sahen die Jahre danach bei dir aus ? Definitiv war es meine Neugierde , weil ich immer wissen wollte , wie Dinge funktionieren . Dadurch bin ich ans Forschen und Lesen gekommen und wollte schließlich in Jules-Verne-Manier einmal zum Mittelpunkt der Erde reisen . Als es bei Jugend forscht geklappt hat und ich mir mit dem Preisgeld eine Weltreise finanzieren konnte , habe ich mir gleichzeitig auch meinen Traum erfüllt , einen Vulkan zu sehen . Wirklich ausschlaggebend war für mich aber das Erlebnis vor Ort , ein Team von National Geographic zu treffen . Ab diesem Zeitpunkt habe ich gemerkt , dass es Menschen gibt , die mit ihrer Neugierde und schönen Bildern ihren Lebensunterhalt bestreiten können und gleichzeitig auch etwas damit in anderen Menschen bewirken .
� Wie in einem Land vor unserer Zeit : Ambrym , Vanuatu .
� Stromboli , die Feuerinsel Italiens .
Wie ging es dann weiter ? Angefangen hat alles mit einer spontanen Anfrage als Köchin für ein Expeditions-Team . So konnte ich als Assistentin mitarbeiten und viele Hintergrundinformationen über National Geographic erfahren . Schon vorher hatte ich mich für das Erzählen von Geschichten und die Fotografie interessiert , und während meiner Weltreise habe ich regelmäßig drei bis vier Doppelseiten für ein lokales Magazin fotografiert . Das Fotografieren habe ich mir schließlich selbst beigebracht .
Danach hast du dich zu einer richtigen Vulkanfotografin weiterentwickelt und dich darauf spezialisiert ? Genau ! Gute Fotos können viele machen . Was den Fotografen von anderen unterscheidet , sind Geschichten . Außerdem habe ich gemerkt , dass viele Magazine wie beispielsweise National Geographic , GEO oder Terra Mater einen wissenschaftlichen Hintergrund voraussetzen . Die Spezialisierung hat mir im Laufe der Zeit geholfen , immer besser zu werden , tiefer einzutauchen , um gute Geschichten an den Mann zu bringen und immer einzigartigere Fotos zu bekommen . Dafür habe ich mich zum Teil auch jahrelang mit einem Thema auseinandergesetzt .
Wie bereitest du dich denn vor und was nimmst du mit , wenn es zum Vulkan geht ? Mittlerweile kenne ich mich mit der Thematik aus . Ganz wichtig ist , dass man weiß , mit welcher Art von Vulkan man es zu tun hat und wie aktiv der Vulkan ist . Viele Vulkane haben keine Infrastruktur , deswegen muss ich mir überlegen wie ich hinkomme und ich auch im Notfall schnell wieder weg . Natürlich muss auch das Kamera- und das Campingequipment dafür ausgelegt sein . Oft arbeite ich mit einer Gasmaske . Aber auch Seiltechnik und Hitzeschutzanzug sind wichtig . Falls es gefährliche Gase gibt , ist ein Gasmessgerät vonnöten . Meist kann ich nur wenig Kamera-Equipment mitnehmen .
� In Papua-Neuguinea findet jährlich das größte indigene Festival der Welt statt .
� Seit dem Munganao auf der Welt ist , spuckt der Tavurvur- Vulkan auf Papua- Neuguinea Asche .
Neben Vulkanen gehören auch indigene Völker zu deinem Themen-Schwerpunkt … Ganz viele Völker , bei denen ich gewesen bin , haben kaum Kontakt zur Außenwelt , weil sie so zurückgezogen leben . Um diese Menschen zu besuchen , nehme ich mir ganz viel Zeit . Manchmal hat es Jahre gedauert , bis ich vor Ort fotografieren durfte . Ich habe zum Beispiel zwölf Jahre gebraucht , bis ich die Fotos bekommen habe , die sich mein Adoptiv- Vater in Papua von mir gewünscht hat . Mir ist es ganz wichtig , dass ich mit den Bewohnern auch in ihrer Sprache kommunizieren kann . Aus diesem Grund beherrsche ich mittlerweile acht Sprachen fließend . Wichtig dabei ist auch , dass ich mich nicht für die Menschen als Motive interessiere , sondern für die Personen , die dahinterstehen .
Was bedeutet Fotografie denn für die Menschen dort ? Letztlich ist die Kamera für mich ein Schritt zum Herzen der Menschen . Daher sehe ich es als Privileg an . Sehr viele Einheimische kennen keine Kameras und haben sich noch nie selbst auf einem Foto gesehen . Mein Adoptiv-Vater in der Südsee sagte mir zu seinen Lebzeiten , dass meine Fotos ein Ersatz für deren Traditionen , die Toten zu mumifizieren sind und auf diese Weise das Erbe , das Gesicht der Vorfahren erhalten . Da wurde mir die Bedeutung eines Fotos erst richtig bewusst , weil es in manchen Kulturkreisen eben kein Massenprodukt ist , sondern für die dortigen Bewohner die Welt bedeuten kann .
Welchen fotografischen Traum möchtest du dir noch erfüllen ? Ich möchte unbedingt zum Mount Erebus , einem aktiven Vulkan in der Antarktis , und dort ein wissenschaftliches Projekt begleiten . Leider habe ich bislang noch nicht die richtigen Wissenschaftler gefunden . Fotografie ist nach wir vor mein absoluter Traumjob und ich hoffe , dass ich mit meiner Arbeit viele Menschen inspirieren kann . Ich möchte mit meinen Bildern andere Menschen ermutigen , rauszugehen und Projekte zu realisieren . Don ’ t dream it , do it ! Deshalb biete ich auch umweltfreundliche Reisen in entlegene Gebiete und zu Traumzielen weltweit an . Reisen , die man so nicht im Reiseführer findet . Wir geben sogar Lava-Garantie !
BUCHTIPP
„ Vulkanmenschen – Vom Leben mit Naturgewalten “ von Ulla Lohmann
Von Papua-Neuguinea über Indonesien , den Kongo und die Kanaren bis zu den Vulkanen Islands , der USA , Vanuatus und Italiens – Ulla Lohmann hat die spektakulärsten Vulkane der Welt und ihre Anwohner besucht . In eindrucksvollen Bildern , fundierten Texten und persönlichen Anekdoten zeigt und erzählt sie in diesem Buch , wie Menschen weltweit gelernt haben , mit Vulkanen zu leben , diese für sich zu nutzen und von ihnen zu profitieren . Ihr Buch ist handsigniert und ein Teil des Erlöses geht an die „ Vulkanmenschen “ in der Südsee . Über den Verein PPAF e . V . unterstützt Ulla Menschen , die durch Naturkatastrophen , insbesondere Vulkanausbrüche , in Not geraten sind .