„ Manchmal führt einen der Zufall an Orte, die einem unerwartet ans Herz wachsen. Aus einem Rückflug wurde ein ungeplanter Washington-Besuch.“
Anja Bethge, Redaktionsmanagerin
E igentlich war alles perfekt: Ein Frühlingstrip nach New York im April, mit allem, was dazu gehört – Broadway, Bagels und Brooklyn Bridge. Der Urlaub war eine runde Sache. Bis zur Rückreise. Was als gewöhnlicher Heimflug geplant war, entwickelte sich zu einer mehrtägigen Odyssee mit verpassten Flügen, ungeplanten Hotelübernachtungen – und einem Vogel, der unsere Pläne durchkreuzte.
Der Rückflug war ursprünglich von Newark mit Zwischenstopp in Washington, D. C. nach München geplant. Doch der erste Flug verzögerte sich so sehr, dass unser Anschlussflug in weite Ferne rückte. Stattdessen landeten wir in einem Flughafenhotel in Newark, ausgestattet mit Verpflegungsgutscheinen und dem Gefühl: Naja, morgen geht’ s ja dann weiter. Der nächste Tag brachte jedoch nicht die erhoffte Lösung, sondern das nächste Kapitel im Reisechaos. Am Flughafen Newark hatte es einen 90-sekündigen Blackout gegeben. Radarsysteme waren ausgefallen, die Folgen spürbar: Stau auf der Startbahn. Während wir bereits im Flugzeug saßen, reihte sich unsere Maschine brav in eine lange Schlange von rund 20 Flugzeugen ein, alle warteten auf die Starterlaubnis. Über eine Stunde Stillstand – während wir gebannt auf die Uhr blickten. Wieder wurde es knapp mit dem Anschlussflug.
� Unser Sightseeing im Schnelldurchlauf begann am Albert Einstein Memorial.
� Die Hauptstadt der USA bezauberte uns mit viel Grün und imposanter Architektur.
Die App versprach: Der Flieger nach München würde warten. Doch die Realität sah anders aus. Verzögerter Ausstieg, Gatewechsel – wir sprinteten zum Gate, nur um die Maschine im letzten Moment wegrollen zu sehen. Unsere Tochter, bis dahin ein Muster an Geduld, kämpfte mit den Tränen. Und wir mit der Fassung. Eine Airline-Mitarbeiterin hatte dann doch Mitleid: Statt auf den nächsten Tag, wurden wir auf einen späten Abendflug umgebucht. Erleichterung – aber nur kurz. Sechs Stunden später, wieder am Gate, hieß es: Ein Vogel war in die Flugzeugkabine geflogen. 25 Crew- Mitglieder und ein Technikerteam suchten, bauten Verkleidungen ab – vergeblich. Das Risiko war zu hoch, ein Start unmöglich. Flug gecancelt.
Um zwei Uhr nachts standen wir erneut am Schalter und bekamen wieder ein Hotelzimmer zugewiesen sowie eine Umbuchung: Gleiches Ziel, gleiche Zeit, aber erst am nächsten Abend. Mittlerweile fühlten wir uns wie in einer Folge von „ Verstehen Sie Spaß?”. Doch dann hatten wir eine Idee: Wir hatten fast einen ganzen Tag Zeit, warum also nicht Washington, D. C. anschauen? Und so starteten wir, nach nur sechs Stunden Schlaf, in ein neues Mini-Abenteuer. Vom Flughafenhotel aus ging es per Uber in die Innenstadt zum Albert Einstein Memorial. Ab da begann unser Tag als Touristen in der US-Hauptstadt. Sieben Stunden Sightseeing im Schnelldurchlauf.
� Die wichtigsten Monumente, Memorials und Museen der Stadt befinden sich aufder fast 5 km langen „ National Mall“.
Washington, D. C. hat uns überrascht. Nach dem lauten, hektischen New York wirkte die Stadt entspannt, grün, fast majestätisch. Vom Lincoln Memorial schlenderten wir entlang des Reflecting Pools zum Washington Monument und weiter bis zum Kapitol. Überall breite Fußwege, Parks, blühende Bäume – perfektes Frühlingswetter. Im Penn Quarter gönnten wir uns ein Mittagessen und landeten schließlich beim Weißen Haus. 25.000 Schritte später waren wir zurück im Hotel, schnappten unser Gepäck und wagten den dritten Anlauf. Dieses Mal klappte es tatsächlich. Wir hoben ab – mit einer ganzen Portion Geschichten im Gepäck.
5 Dinge, die ich gelernt habe
1
Gelassen bleiben Aufregen bringt nichts – Improvisation ist oft die bessere Strategie. Auf Reisen läuft selten alles nach Plan – je entspannter man reagiert, desto leichter lassen sich Umwege und Pannen verkraften. Unsere Tochter war dabei unser größtes Vorbild.
2
Airline-Apps sind Gold wert Viele Airlines – wie in unserem Fall United – haben den persönlichen Kundenservice am Flughafen quasi abgeschafft. Umbuchungen, Infos zu Flügen, Support? Alles läuft über die App. Praktisch, wenn man vorbereitet ist. Deswegen: App vorher installieren, einloggen, und im Notfall schnell reagieren.
3
Durchdachtes Handgepäck
Zahnbürste, Wechselsachen, Ladekabel – beim ersten Flugausfall haben wir unser Aufgabegepäck nicht zurückbekommen. Wer vorbereitet ist, übersteht auch unerwartete Nächte im Hotel stressfrei.
4
Ungeplante Zwischenstopps können zu Highlights werden Ohne Flugpannen hätten wir Washington nie gesehen – und wären um eine wunderbare Erfahrung ärmer gewesen.
5
Reisen ist Teamarbeit Als Familie gemeinsam durch den Wahnsinn – das schweißt zusammen. Jeder hatte seinen Tiefpunkt, aber auch seinen Moment, in dem er die anderen getragen hat. Am Ende waren wir erschöpft, aber auch stolz.